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Einführung | Die Iterationen zn+1=zn2+c | Juliamengen | Die Mandelbrotmenge | Spezielle Berechnungen | Anmerkungen

3. Juliamengen



Es wurde bereits festgestellt, daß bei der Iteration zn+1=zn2 eine Kreislinie mit dem Radius 1 um den Ursprung eine Grenze zwischen z0-Werten bildet, die von einem festen Wert (hier 0) und ∞ als Attraktor angezogen werden. Wählt man bei der Iterationsschar zn+1=zn2+c für c andere Werte als 0, so treten andere Grenzverläufe auf. Diese Grenzen, inklusive ihres Inneren, die auch bei ganz anderen Iterationen auftreten, heißen nach ihrem Entdecker Gaston Julia Juliamengen. Mit ihrer Hilfe läßt sich auch für solche Iterationen eine gewisse Ordnung erkennen, bei denen sich die Iterationsfolgen anscheinend vollkommen regellos verhalten wie bei Iterationsfolge 4.
Die Juliamengen für c≠0 sind weitaus komplizierter als die für c=0, welche ja nur eine einfache Kreisfläche ist. Ihr Aussehen in Worten zu beschreiben ist fast unmöglich und ihre Berechnung und damit die Herstellung eines Bildes erfordert viele tausend Rechenschritte, die nur ein Computer bewältigen kann. Umso erstaunlicher ist es, daß Julia diese Grenzen bereits vor über 60 Jahren (ohne Computer) entdeckte und beschrieb. Weniger erstaunlich ist, daß diese Entdeckung erst nach der Erfindung des Computers einigermaßen bekannt wurde, da sich vorher niemand das Aussehen einer Juliamenge vorstellen konnte.3
In Bild 14 sieht man die Juliamenge für c=-0,12375+0,56508i (siehe Iterationsfolge 1 und 2) im Bereich -1,8<Re(z0)<1,8; -1,8<Im(z0)<1,8; dies bedeutet, daß der Bereich, aus dem die z0-Werte stammen, sich sowohl auf der Real- wie auch auf der Imaginärachse von -1,8 bis 1,8 erstreckt.

Bild 1
Die Juliamenge erinnert an einen deformierten Kreis. Alle z0-Werte außerhalb des "Kreises" (auch die außerhalb der Grafik) haben als Attraktor ∞, die innerhalb haben als Attraktor wieder einen festen Wert, den Punkt P=-0,2249955+0,38971059i. Die Werte, die sich auf der Grenze befinden, verbleiben wiederum auf ihr und wandern auf ihr umher. Diese Juliamenge erinnert an jene für c=0. Dies kann sich aber für andere c-Werte schlagartig ändern.

Wählt man c=-0,12+0,75i, so besteht die Juliamenge aus unendlich vielen, zusammenhängenden, unterschiedlich großen, aber sonst gleichen, deformierten Kreisen. Es stoßen immer 3 dieser "Kreise" zusammen. Diese Juliamenge im Bereich -1,4<Re(z0)<1,4;-1,4<Im(z0)<1,4 ist in Bild 2 zu sehen. Wiederum ist für z0-Werte außerhalb der Grenze ∞ der Attraktor und die z0-Werte auf der Grenze verbleiben dort. Dies haben alle Juliamengen gemeinsam. Bei Iterationsfolge 3, die denselben c-Wert aufweist und ein z0-Wert hat, der innerhalb der Grenze liegt, tritt ein Attraktor der Periode 3 auf. Derselbe Attraktor tritt auch für alle anderen z0-Werte innerhalb der Grenze auf. Der Attraktor ist in Bild 2 eingezeichnet und besteht aus den Punkten:
Q1=-0,00995070805+0,00526517793i
Q2=-0,119928706+0,739895215i
Q3=-0,653062036+0,562530649i

Bild 2
Die z0-Punkte, die sich in Bild 2 innerhalb der Grenze befinden, wandern in immer größere benachbarte "Knospen" bis in den schraffierten Bereich, wenn sie nicht schon von Anfang an da liegen. Dann pendeln sie zwischen den 3 Attraktorpunkten hin und her und kommen diesen immer näher, wie in Iterationsfolge 3 beobachtet werden kann.

Eine Kreuzung aus den beiden zuletzt genannten Juliamengentypen erhält man für den Wert c=-0,481762-0,531657i. Vom Aussehen her ähnelt sie einer Juliamenge mit einem Attraktor der Periode 5.

Bild 3
Tatsächlich hat sie aber nur einen einfachen Attraktor, der auf einem Kreuzungspunkt der Einschnürungen, also auf der Grenze selbst liegt.5 Er ist in Bild 3 als R eingetragen. Die Werte pendeln in den 5 um den Attraktor liegenden deformierten Kreisen hin und her und nähern sich ihm nur äußerst langsam. Geht man von einem Startwert in einiger Entfernung von R aus, z.B. Z0=0+0i, so wird eine Genauigkeit von R auf eine Dezimalstelle wohl erst nach mehreren millionen Iterationsschritten erreicht! Trotzdem konvergiert die Folge gegen diesen Punkt. Man nennt dies einen parabolischen Fall. Wie sich vermuten läßt, kann man durch eine leichte Veränderung des c-Wertes auf eine Juliamenge mit einem periodischen Attraktor bzw. auf eine mit einem einfachen Attraktor kommen, da dieser Fall eine Art Mischung aus diesen beiden darstellt. Diese Juliamenge liegt im Bereich -1,5<Re(z0)<1,5; -1,5<Im(z0)<1,5.

Eine ganz neue Juliamenge ergibt sich für c=-0,39054-0,58679i. Die Iterationsfolge 4 für z0=0,5+0,6i zeigte hier kein Anzeichen von einem Attraktor. Ab einem bestimmten Iterationsgrad liegen jedoch alle weiteren Punkte auf einer Kreisbahn. Die Juliamenge im Bereich -1,5<Re(z0)<1,5; -1,5<Im(z0)<1,5 ist mit einigen dieser Kreisbahnen in Bild 4 dargestellt.

Bild 4
Die Punkte innerhalb der Grenze bewegen sich hier von den kleineren "Knospen" in die "linke" der beiden großen, sofern sie sich nicht schon da befinden und verbleiben dort auf einer der Kreisbahnen, wo sie ihren Mittelpunkt umrunden. Diese Knospe wird nach dem Mathematiker Carl Ludwig Siegel als Siegel-Disk bezeichnet.

Betrachtet man den scheinbar einfachen Fall c=i, so erlebt man eine große Überraschung. Obwohl eine Grenze existiert, gibt es außer ∞ keinen weiteren Attraktor mehr.6 Die Grenze ist in Bild 5 im Bereich -1,5<Re(z0)<1,5; -1,5<Im(z0)<1,5 dargestellt.

Bild 5
Wie man sieht, gibt es kein Grenzinneres mehr, sondern nur noch Punkte außerhalb der Grenze, die gegen ∞ streben und Punkte auf der Grenze, die dort verbleiben.

Auch für c=0,11031-0,67037i tritt außer ∞ kein Attraktor mehr auf, wiederum hat die Grenze kein Inneres. Ansonsten unterscheidet sich die Juliamenge in Bild 6 (Bereich -1,5<Re(z0)<1,5;-1,5<Im(z0)<1,5) merklich von allen bisherigen anderen.

Bild 6
Sie ist nicht mehr zusammenhängend, es sieht so aus als sei sie explodiert. Diese Fatou-Staub genannte Juliamenge besteht, wie der Name schon andeutet, aus unendlich vielen isolierten Punkten, d.h. aus einzelnen Punkten, die sich nicht gegenseitig berühren. Die schwarzen Bereiche in Bild 6 erscheinen nur aufgrund einer geringen Rechentiefe (Iterationstiefe) des Computers zusammenhängend. Auch ein Computer kann nicht unendlich oft iterieren und so bricht er nach einer gewissen Anzahl von Durchgängen ab. Erhöht man diese Anzahl, so werden die schwarzen Bereiche immer mehr und immer kleiner, nehmen also immer mehr Punktform an, bis sie scheinbar verschwinden, da wir isolierte Punkte ja nicht sehen können (und der Computer sie auch nicht darstellen kann).

Man kann also grob zwischen zwei verschiedenen Arten von Juliamengen unterscheiden - zusammenhängenden und auseinandergefallenen. Der Zusammenhang der Lage der c-Werte in der komplexen Ebene und der dazugehörigen Juliamengen wird im nächsten Kapitel behandelt. Mit seiner Hilfe kann man für einen bestimmten c-Wert nicht nur vorraussagen, ob die Juliamenge zusammenhängend ist oder nicht, sondern auch, falls sie zusammenhängend ist, wie sie aussehen wird. Es handelt sich hierbei um das berühmt gewordene Apfelmännchen, das erst 1980 entdeckt wurde.


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